DEFIZITE.

Bild: Mone Kante, Zeichnung

/Querverbindung./ Liebe Frau B., die Geschichte, die ich Ihnen erzählen möchte, handelt von dem Gefühl des Versagens, in Anbetracht der Leistungen anderer und sie hat mich tief berührt. Und in meiner Lieblingsthese bestätigt, wonach die Lösung eines Problems immer schon in dem PROBLEM liegt. Also nicht irgendwo außerhalb des Problems. Wenn man nur bereit ist, es zu „sehen“, es „anzuerkennen“… Seltsamerweise habe ich diese Geschichte auf der Damentoilette eines Studios für Physiotherapie entdeckt. Sie handelt von einer alten Frau in China, die jeden Morgen zum Wasser holen an den Fluss geht. Die Frau trägt das Wasser auf ihren Schultern nach Hause. In zwei Schüsseln, die an den beiden Enden einer Stange hängen. Beide Schüsseln füllt sie am Fluss randvoll mit dem lebenswichtigen Nass. Aber bis sie zuhause ankommt ist eine davon nur noch halb voll. Die Schüssel hat einen Sprung und ist sehr unglücklich über ihr „Defizit“, wie sich heraus stellt. Eines Tage spricht sie die alte Frau auf ihr Versagen an. Sie schämt sich dafür, so unnütz und wertlos zu sein, denn das gute Wasser tröpfelt nur so aus ihr heraus … Da zeigt ihr die alte Frau die Blumen, die auf ihrer Seite des Weges auf dem dürren Boden gewachsen waren. Die Frau hatte den Sprung in der Schüssel bemerkt und Blumensamen am Wegesrand ausgestreut. Und so war es nur dem Defizit der Schüssel zu verdanken, dass dort die schönsten Blumen wachsen konnten. Und natürlich der Aufmerksamkeit dieser Frau …

Herzlich,
K.M.