Stille.

/MITTEILUNG./ Im Zug sitzend, schreibend, liebe C.! Vielleicht schaffe ich es ja, auf dem Weg nach M. meine Gedanken zur Stille aufzufädeln und in eine lineare Form zu bringen? Heute war mir nämlich aufgefallen, dass es im Ungarischen mehrere Herangehensweisen an diese Wort gibt. Unser deutsches Wort „Stille“ würde man vielleicht mit „csend“ übersetzen. Eine Abwesenheit von Geräuschen. Aber für „still sein“ im Sinne von „Klappe halten“, sagt man „hallgatni“ und das könnte man mit „höreln“ übersetzen. Das „l“ ist kein Tippfehler und soll nur darauf hinweisen – „höreln“ ist nicht dasselbe wie „hören“! „Hinhören“ könnte man vielleicht sagen. Oder „Aufhorchen“. „Auf-hören“? Im Sinne von „Sich öffnen“? In diesem Zusammenhang fällt mir auf, dass wir im Deuschen das Wort „aufhören“ gar nicht in Zusammenhang mit dem Hören verwenden. Eher schon mit einer Tätigkeit, die wir unterbrechen … Während wir also im Ungarischen „aufhören“ zu sprechen und damit in die Stille oder ins Hören kommen, unterbrechen wir im Deutschen unser Tun. „Hallgass“ sagt die ungarische Mutter oder der ungarische Vater zu einem quengelnden Kind. Wörtlich übersetz ist es eine Auffordrung, ins Hören zu kommen. Und das wäre vielleicht die treffendste Übersetzung für „hallgatni“: ins Hören kommen.

Ist das nicht interessant?

K.